Wissen entsteht nicht einfach im Kopf einer Einzelperson. Unser Wissen heute baut auf dem auf, was andere Menschen vor uns oder zeitgleich mit uns erforscht und dokumentiert haben. Es ist mir ein Anliegen, die 12-teilige Reihe über das Supergras Bambus mit denen zu beginnen, die mich auf meinem Weg gelehrt, inspiriert, angespornt und mitgenommen haben:
Oscar Hidalgo. Der kolumbianische Architekt Oscar Hidalgo-Lopez, aus Chinchina, wuchs umgeben von Bambusgebäuden auf. Er gilt unter den Bambusarchitekten als Pionier und wird entsprechend verehrt. 2003 publiziert Oscar Hidalgo sein Wissen und seine Erfahrung in dem beeindruckenden Buch Bamboo – The Gift of the Gods. Hier findet man einen imposanten Überblick über die Pflanze Bambus und ihre Eigenschaften, über ökologische und forstwirtschaftliche Aspekte, die Rolle des Bambus im Ökosytem, seine traditionelle Verwendung im Kunsthandwerk, sowie Einblicke in die Herstellung moderner Produkte und bautechnischer Konstruktionen aus Guadua und Bambus und einen Ausblick auf die Zukunft dieser beeindruckenden Pflanze.
Marcelo Villegas. Der kolumbianische Zimmermann, Schreiner, Designer und Architekt gibt mit seinen Büchern New Bamboo: Architecture and Design, Bambusa Guadua und Tropical BambooEinblick in die faszinierende Welt des Bambus. Er zeigt den Bambus als nachwachsende Naturressource und praktisch angewendet in der Architektur und im Design von Möbel und Objekten. Die Formenvielfalt seiner Werke spiegelt seinen immer währenden Dialog mit Material und Natur. Marcelo Villegas ist ein Vorreiter, ein Pionier in allen Bereichen des Guadua und des Bambus. Seine Kombinationen von Materialien sind für mich artistisch, insbesondere bei seinen Schreinerskulpturen und Möbeln. Er ist wegweisend bei der Entwicklung gepresster Tischlerplatten aus Guadua.
Simon Velez. Der kolumbianische Architekt Simon Velez gilt als Vorreiter der heutigen technischen Guadua-Konstruktionsweisen. Er verwirklichte unterschiedlichste Bauten. Mittlerweile hat Simon Velez über 200 Projekte in Guadua-Bauweise realisiert. Im ‚Parque Nacional del Cafe‘ bei Montenegro/Quindio zeugt eine gewaltige Aussichtsplattform von den Möglichkeiten des Guaduas. Mit der Verbreitung seiner sehr persönlichen Interpretation von Architektur und seinen innovativen technischen Lösungsansätzen ist Simón Velez international anerkannt. Das Buch grow your own house über Simon Velez und seine Bambusarchitektur vom Vitra Museum ist eine Offenbarung. Sein Werk zu kennen ist ein Muss, wenn man sich mit Bambusarchitektur auseinandersetzen möchte.
Walter Liesel. Der deutsche Professor für Holzbiologie aus Eberswalde, Walter Liesel, publizierte seine Forschung über Bambus und Rattan in vielen wissenschaftlichen Arbeiten. 2015 veröffentlichte er zusammen mit Michael Köhl das Buch The Plant and its Uses. Walter Liesel trug das Wissen zur Anatomie des Bambus, der Bambus-Konservierung und Pflege zusammen und gilt als wegweisender Experte in diesem Bereich.
Jorge Morán Ubidia. Der Architekt aus Ecuador ist Professor an der Katholischen Universität von Guayaquil. Morán verglich die physikalischen Eigenschaften des Bambus mit Holz und erkannte und dokumentierte die hohe strukturelle Stärke einiger Bambusarten. Morán gilt als exzellenter Multiplikator der Idee, Bambus und Guadua als Baumaterial zu fördern. Seine Arbeitsresultate – gepresste Platten aus Guadua und Bambusfasern in Verbindung mit anderen Materialien als Brandschutzelemente – sind wegweisend. Er realisierte in der katholischen Universität von Guayaquil das ‚Bambus Documentation Center‘, eine Bibliothek, in der seine komplette Sammlung zum Thema aufbewahrt werden.
Francisco Castaño. Der Forstwirtschaftler, Forscher und Autor ist Professor an der Universität del Valle in Cali, Kolumbien. Er entwickelte neue Technologien für die Forstwirtschaft mit Guadua, für regionale Waldarten und Agroforstwirtschaft. Sein Handeln ist davon geprägt, seiner Umwelt die Vorzüge einer Kultivierung von Guadua nahezubringen. Er selbst beteiligte sich an der Anpflanzung von mehreren hundert Hektar Guadua-Hainen. Eines seiner Ziele war die Industrialisierung und Kommerzialisierung des Guadua-Anbaus und die Einbindung der Kommunen in die Vermarktung dieser Ressource. Sein Wirken als Berater für Waldwirtschaft mit Bambus in Lateinamerika und Europa machten ihn international bekannt. Er ist Spezialist und Mentor der heutigen Bambus-Koryphäen.
Ximena Londoño. Die Königin des Bambus ist Agronomin und lehrt an der University National de Palmira in Kolumbien. Sie ist Spezialistin für taxonomische Botanik von neotropischem Bambus. Sie entdeckte über 50 bisher unbekannte Bambus-Spezien. Ximena Londoñosammelt, pflanzt, studiert, identifiziert, erforscht und katalogisiert die Bambusarten. In dem Bundesland Quindío erschuf sie das ‚Paradies für Bambus und den Guadua‘. Dieser auf Biolandbau spezialisiertes Öko-Touristik-Park gibt den Besuchern Einblick in die größte Sammlung von weltweit wachsenden Bambusen in Kolumbien. Hier wird das Wachstumsverhalten erforscht, die Ausbreitungsmethoden in Bezug auf Vielfalt, nachhaltiges Ernte-Management, Nachernte, Nutzungen und Anwendungen, Flora und zugehörige Fauna. Hier kann man die Bewirtschaftung, Produktion und Verwaltung eines zertifizierten Betriebes unter Aspekten biologischer Produktion kennenlernen. Wenn jemand über die Pflanze Bambus etwas wissen möchte, findet man in Ximena Londoño die führende Spezialistin.
Caori Patricia Takeuchi Tam. Die Professorin für Architektur und Ingenieurwesen der Universidad Nacional de Colombia in Bogotá, Kolumbien, erforscht das strukturelle Verhalten des Guaduas sowie Verbindungstechniken für strukturelle Knotenpunkte von Guadua-Konstruktionen. Ein Forschungsschwerpunkt sind laminierte Bambusprodukte aus Guadua für die Herstellung von Platten und konstruktive Balken. Diese wissenschaftlichen Untersuchungen sind Grundlage und Fundament für verschiedene Entwickler von industriell nutzbaren Produkte Sie ist im kolumbianisches Komitee für die Normung von Guadua-Konstruktionen tätig.